Steile Karriere oder erst einmal leben

Gelbes Buch in einer Bibliothek und ein Mann und eine Frau im Hintergrund

Darum geht's

„Steile Karriere oder erst einmal das Leben leben? – Was deutsche Jugendliche nach der Schule wirklich wollen!“

„Nach dem Abi packe ich meine Tasche und dann geht‘s als Backpacker einmal rund um den Globus“ oder „Wenn das Studium durch ist, mach ich erst mal ein Jahr nichts Großartiges, sondern jobbe nur, um mir das Feiern leisten zu können“. Das sind Aussagen von Jugendlichen, die kurz vorm Abi stehen oder ihre Ausbildung bald abschließen können. Aber auch „Wenn ich meinen Abschluss habe, gehe ich zu BMW, Coca Cola oder Microsoft. Ich will gleich richtig einsteigen und nicht ewig lange rumprobieren“ ist eine typische Haltung in der Generation Z. Diese Sichtweisen der heute knapp 20-Jährigen haben zumindest eines gemeinsam – einen Plan von der ersten Zeit nach der Ausbildung. Im Allgemeinen wird den Digital Natives 2.0 nämlich unterstellt, sie wären wenig ambitioniert, kämen ohne Visionen aus und seien überhaupt nicht karrieregeil. Generell sieht jede Generation die Welt mit ganz anderen Augen als ihre Eltern, doch Gen Z wurde schon in der frühen Kindheit mit vielen, raschen Entwicklungen konfrontiert.

Wodurch wurde die Generation Z in ihrer Kindheit geprägt?

Wer ab der Mitte der 1990er Jahre geboren wurde, kennt Patchwork-Familien, alternative Lebensweisen und Finanz- oder Umweltkrisen. Die jungen Erwachsenen von heute haben erlebt, wie das Bildungssystem komprimiert wurde und mit dem achtstufigen Gymnasium der Lerndruck noch weiter stieg. Gleichzeitig kam durch die schnelle Verbreitung des mobilen Internets der private Kommunikationsdruck auf, denn wer dazu gehören wollte, musste in den sozialen Medien ständig präsent sein. Viele Freizeitangebote standen bereits ab dem Kindergartenalter zu Wahl und die Eltern förderten großzügig alle sportlichen, musischen oder kreativen Interessen. Gleichzeitig hat 9/11 die Welt verändert und damit auch Generation Z geprägt. Zusammen mit dem Klimawandel, der in den letzten 20 Jahren immer mehr zum Alltagsthema wurde, ist eine Unsicherheit entstanden, die nach einer klaren Abgrenzung zum persönlichen Lebensbereich verlangt. Nur wer Informationen optimal filtern und für sich be- oder entwerten kann, behält seine Lebensfreude angesichts der vielen Katastrophen und Probleme. Trotzdem oder vielleicht deshalb ist das ökologische Engagement der jungen Erwachsenen groß und viele Berufsentscheidungen basieren auf dem Umweltschutz und dem Gedanken der Nachhaltigkeit. Gleichzeitig verbinden die jungen Erwachsenen den Begriff Globalisierung mit der Möglichkeit unkompliziert in fremde Länder zu reisen um dort zu studieren oder eine Zeit lang zu arbeiten. Ein internationales Studium ist heute nicht mehr nur Kindern von Gutverdienern vorbehalten und die völlig normal gewordene mentale und räumliche Mobilität begünstigt ein Schrumpfen der Loyalität, die frühere Generationen gegenüber Heimatstadt und Arbeitgeber noch wesentlich deutlicher empfunden haben. Man ist gelöster und weniger abhängig als die vorherigen Generationen und trotzdem in einem gesunden Maß engagiert und vor allem informierter als die Eltern oder Großeltern.

Arbeiten, um zu leben

Die junge Generation von heute verfügt über ein Übermaß an Informationen im Vergleich zu ihren Eltern. Das Handy mit Internetzugang gehört schon seit Jahren fest zur Grundausstattung und man kennt Finanzkrisen ebenso wie die Millionengehälter der Manager. Wer heute mit 20 sein eigenes Leben beginnt, wohnt oft noch bei den Eltern und macht sich keine Illusionen darüber, wie er die Welt verändern kann. Gleichzeitig sehen die jungen Erwachsenen von heute das Leben aber auch deutlich entspannter als ihre Eltern oder Großeltern, denn sie haben gelernt, dass große Anstrengungen nicht unbedingt auch den großen Erfolg bringen. Damit kommt jetzt eine Generation in die Arbeitswelt, die sehr genau weiß, was sie zu geben bereit ist und eine feste Grenze zieht. Hart arbeiten können und wollen die jungen Erwachsenen, doch sie wollen damit vor allem ihre Lebenslust maximieren und sind nicht bereit, ihre Wochenenden dem Chef zu opfern. Der Wahlspruch: «Ich arbeite, um zu leben und lebe nicht, um zu arbeiten» ist heute so trendy wie nie zuvor.

Der neue Umgang mit Wissen und sozialen Kontakten

„Ich google das mal“ ist eine völlig normal gewordene Aussage auf eine Frage, zu der eine Antwort gefunden werden soll. Der Umgang mit Wissen gestaltet sich für die heute knapp 20-Jährigen völlig anders als für vorherige Generationen, denn es geht weniger darum, etwas Bestimmtes zu lernen und mehr um das Erlernen von Filter- oder Recherchetechniken. Damit sind die jungen Menschen von heute Informationsmanager geworden, die in jeder Situation die für sie relevanten Daten herausfiltern und verwerten. Gleichzeitig ist das Internet aber nicht nur eine Informationsplattform, sondern ein fester Teil des Privatlebens, denn Freunde lernt man online beim Spielen oder im Chat kennen und nicht mehr wie früher in Vereinen oder in der Schule.

Was erwarten die Digital Natives 2.0  von ihrem Job?

Glaubt man Christian Scholz, einem Professor für Betriebswirtschaftslehre und Personalmanagement, ist Gen Z eine sehr realistische Generation, die sich noch weniger an Unternehmen binden wird als Generation Y. Gleichzeitig ist sie leistungsbereit, gut ausgebildet und technologiekompetenter als ihre Vorgänger, will aber am liebsten in einem festen Zeitrahmen arbeiten und außerhalb dieser Zeiten das Leben genießen. Von Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr wird fleißig und interessiert gearbeitet, aber Überstunden oder zusätzliche Arbeitstage am Wochenende gehören nicht zum Lebensplan. Der Chef kann gern die Präsentation für den kommenden Montag am Freitagabend selbst fertigstellen, denn man selbst hat seinen Teil dazu bereits innerhalb der regulären Arbeitszeiten getan.
Im Gegensatz zu den Großeltern und Eltern sieht Generation Z den Beruf nicht als zentralen Punkt im Leben und damit sind die jungen Erwachsenen heute deutlich unabhängiger in ihrer Lebensweise. Was nicht läuft, wird verändert und im Zentrum des eigenen Lebens stehen Spaß und Begeisterung. Lernen, arbeiten, reisen, leben – das alles soll möglichst gut getimt in den Alltag passen und zwar ohne große Risiken, denn als Digital Native 2.0 sieht man realistisch, wie die Welt funktioniert und macht sich keine Illusionen über eine friedliche Revolution oder vielleicht machbare Veränderungen. Die steile Karriere wird nicht wirklich angestrebt und Existenzgründungen werden gut überlegt, weil man die damit verbundene Unsicherheit scheut und lieber fest geregelte Arbeitszeiten und eine automatische Altersvorsorge hat. Doch es gibt auch Ausnahmen, denn vor allem die Kreativen sehen viele Chancen und Karrieremöglichkeiten und scheuen auch die Risiken nicht. Die Ideen zu neuen, individualisierten Produkten und Dienstleistungen werden abends im Chat mit den Freunden geboren und an ein paar Wochenenden entsteht eine Geschäftsidee, die perfekt in den Zeitgeist passt.

Generation Z ist damit immer für Überraschungen aus den eigenen Reihen gut, doch tagtäglich werden sie nicht zu bewundern sein. Außer bei der Familie und im engsten Freundeskreis sind enge und langfristige Bindungen nicht mehr gefragt und das bedeutet auch, dass Gen Z keine emotionale Bindung zum Arbeitsplatz aufbaut. Arbeitgeber müssen sich auf eine neue Gattung an Arbeitnehmern einstellen, denn mit unbefristeten Arbeitsverträgen sind die Jungen nicht mehr zu locken. Spannende Projekte und überschaubare Zeiträume haben deutlich mehr Anziehungskraft als eine lebenslange Zugehörigkeit zum Unternehmen.

Was kommt nach Generation Z?

Der Begriff Generation wurde zwar schon in den frühen 1950er Jahren geprägt, aber erst mit dem gleichnamigen Roman aus der Feder von Douglas Coupland wurde daraus ein Fachausdruck der Soziologie, mit dem man Menschen bezeichnet, die zwischen 1965 bis 1980 geboren wurden, also in den geburtenschwachen Jahrgängen nach den Babyboomern. Die nachfolgenden Generationen wurden daher folgerichtig mit den Buchstaben Y und Z versehen, doch damit ist unser Alphabet zu Ende. Und was kommt danach? Bisher gibt es noch keine Schlagwörter oder Begriffe, die sich mit den Kindern der Generation Z beschäftigen und auch wie sie sein werden, kann noch niemand genau wissen. Doch anhand der bisherigen Entwicklungen könnte man vielleicht folgendes Bild zeichnen:

Für die Kinder der Generation Z wird Technik ein beherrschendes Thema sein. Programmierbare Haushaltsgeräte, überwachte Hauseingänge, ein genau getimter Energieverbrauch und effizientes Arbeiten in Projekten könnten ihr Leben bestimmen. Sie arbeiten am liebsten an in sich geschlossenen Projekten, wechseln öfter das Unternehmen, reisen viel und halten private Kontakte via Internet. Weil ihre Eltern schon als Jugendliche sehr realistisch waren, aber gleichzeitig dachten, dass sie nicht genug Macht zur Veränderung hätten, könnten ihre Kinder gegen diesen Gedanken rebellieren. Damit würde eine Generation heranwachsen, die bestehende Systeme nicht nur in Frage stellt, sondern durchaus aktiv mitgestaltet und damit verändert. Der Umweltschutz dürfte in einigen Jahren zu einem dringlichen Problem werden und die Kinder der Generation Z wachsen in einer Welt auf, in der endliche Ressourcen knapp werden und eine Alternative zu Erdöl, Kohle und Atomenergie nicht mehr eine reine Frage des Willens oder der Kosten bleibt, sondern zu einem klaren Muss wird. Dieser Handlungszwang und die normale Rebellion gegen die Sichtweise der Eltern könnten dazu führen, dass aus den Kindern der Gen Z realistische Visionäre werden, die anpacken wollen und die Welt tatsächlich verändern. Alles andere würde aber auch bedeuten, dass die größten Probleme der Menschheit weiterhin ungelöst bleiben und daran möchte sicher auch Generation Z nicht glauben.