Wartesemester

Darum geht's

Studienplatz-Bewerbung abgelehnt: Wartezeit sinnvoll nutzen

Der Numerus Clausus – alljährlich schiebt die Zulassungsbeschränkung den ehrgeizigen Studienplänen tausender Bewerber einen Riegel vor. Wenn auch du davon betroffen bist, kannst du auf das nächste Semester hoffen. Oder die Wartezeit sinnvoll nutzen. Wir zeigen die die besten Alternativen zum Däumchendrehen.

NC – Zulassungsbeschränkung

Den Numerus Clausus (kurz: NC) kennen viele nur als Hürde vor bundesweit limitierten Fächern wie Medizin oder Jura. Doch am örtlichen N.C. Scheitern zum Beispiel auch angehende Ernährungswissenschaftler (Master, Uni Gießen) oder Maschinenbauer (Bachelor, FH Münster).

Dass der Studienstart offensichtlich immer schwieriger wird, liegt zum Einen daran, dass 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, aber auch an schrittweisen Einführung des Abiturs nach insgesamt 12 Schuljahren. Die Folge: doppelte Abiturjahrgänge, und zwar jedes Jahr aufs Neue, bis zur endgültigen Durchsetzung der „G 8-Regelung“.

Den bisher größten Ansturm erlebten die Hochschulen 2009, als bundesweit 423.000 ehemalige Schüler ihre Bewerbungs-Unterlagen einreichten – fast 27.0000 mehr als im Vorjahr. Doch die Kapazitäten der Unis sind nach wie vor begrenzt.

Studieren auf Verdacht

Je nach Studiengang und Hochschule kann es schon einmal fünf oder mehr Semester dauern, bis du endlich dein Wunschfach an deiner Wunschuni studieren kannst. Aber manchmal geht es auch deutlich schneller. Daher lassen es einige Bewerber drauf ankommen und studieren „auf Verdacht.“

Das bedeutet, sie nehmen wie alle anderen an Vorlesungen und Seminaren teil- Ganz so, als seien sei bereits immatrikuliert. Schickt die Stiftung Hochschulstart (hochschulstart.de) in den darauf folgenden Wochen den ersehnten Zulassungsbescheid, müssen sie wenigstens keinen Stoff nachholen.

Wohnen in der Wartezeit

Die Wartezeit so zu überbrücken, ist vor allem sinnvoll, wenn du ohnehin in deiner Heimatstadt studieren möchtest (oder wenigstens in der Region). Wenn du nicht pendeln kannst oder willst, kannst du vorübergehend auch in einer Jugendherberge unterkommen.

Auf www.jugendherberge.de erhältst du einen Überblick aller Herbergen in Deutschland und viele Angebote für Reisende mit schmalem Geldbeutel.

Überaus Kontaktfreudige werden in dieser Zeit zu Couchsurfern. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Reisenden, die einander kostenlos Unterkunft zur Verfügung stellen. Das Angebot an Schlafgelegenheiten reicht von dem Platz für die Isomatte auf dem Küchenfußboden über das ausgeklappte Schlafsofa bis zum richtigen Bett im Gästezimmer.

Vorteil: Während du auf deinen Studienplatz wartest, lernst du deine zukünftige Hochschulstadt kennen. Im besten Fall hast du auch schon eine Handvoll Freunde, wenn du mit dem Studieren anfängst. Trudelt die Zulassung dann endlich ein, fällt auch die Suche nach einer eigenen Bude deutlich einfacher.

Unter www.couchsurfing.org findest du Gastgeber weltweit und kannst anderen eine Platz zum Schlafen anbieten.

Doch je weiter sich die Entscheidung ins Semester zieht, desto schwieriger wird es, auf Verdacht zu studieren.

Ausbildung und Praktikum

Dir ist so ein Vorgehen zu unsicher? Dann mach doch erst einmal ein Praktikum. Damit erwirbst du bereits vor dem Studium erste praktische Erfahrung, außerdem lässt sich so bis zu einem Jahr sinnvoll ausfüllen.

Andere beginnen eine Ausbildung. Für angehende Mediziner ist eine „Ehrenrunde“ als Krankenschwester oder Zahntechniker nichts Ungewöhnliches. Schließlich erwirbst du in dieser Zeit nicht nur Wissen, dass du später im Studium nutzen kannst. Du verdienst außerdem schon früh dein erstes eigenes Geld.

Tipp: Trag regelmäßig einen kleinen Teil davon auf ein Sparbuch (z.B. als Tagesgeld). So hast du zu Studienstart bereits ein finanzielles Polster auf dem Konto. Damit lässt sich dann locker der Umzug in die Hochschulstadt bezahlen, dein erstes WG-Zimmer einrichten oder ganz allgemein die Zeit zwischen Immatrikulation und der ersten BAföG-Auszahlung finanziell überbrücken.

Jobben in der Wartezeit

Doch auch jeder andere Job eignet sich, um etwas für das erste Semester auf die Seite zu schaffen (oder auch nur, um den Eltern nicht länger als nötig „auf der Tasche zu liegen“). In der Gastronomie und im Einzelhandel werden zum Beispiel ständig – auch ungelernte – Mitarbeiter gesucht.

Websites wie www.nebenjob.de bieten dir viele Ideen für Nebenjobs sowie Infos zu Verdiensten, Versicherungen und der Altersvorsorge in Minijobs & Co.

Tipp: Bewirb dich als Saisonkraft in einem der deutschen Urlaubsgebiete, z.B. auf den Inseln der Nord- und Ostsee. Mit etwas Glück bekommst du dort neben etwas Gehalt auch eine Unterkunft gestellt. Die ideale Verbindung von Ferien und Arbeit.

Zulassungsfrei studieren

Mit Arbeit lässt sich also in jedem Fall die Wartezeit sinnvoll gestalten. Grundsätzlich gilt: Je mehr Zeit seit deiner ersten Bewerbung verstreicht, desto größer werden deine Chancen, im nächsten Semester in deinem Wunschfach zugelassen zu werden.

Doch vielleicht hast du auch einen „Plan B“ in petto?! Ein Fach, dass dich auch an dein Berufsziel bringt, ohne jahrelang auf die Zulassung zu warten. Die meisten Studiengänge ohne NC gibt es wahrscheinlich in den Geisteswissenschaften. Du kannst aber auch viele natur- und ingenieurwissenschaftliche Fächer zulassungsfrei studieren.

Welches Fach wo angeboten wird und ob ein NC darauf liegt, erfährst du unter www.hochschulkompass.de

Parkstudium statt Wunschstudium?

Etwas anderes ist es, wenn du dich in der Zwischenzeit an einer deutschen Uni oder FH für irgendetwas einschreibst – zum Beispiel, um von Studentenrabatten, Kindergeld oder dem Semesterticket zu profitieren – und später in den „richtigen“ Studiengang wechselst.

Dieses sogenannte „Parkstudium“ wird dir nicht als Wartezeit angerechnet. Der Abstand deiner Abinote auf den NC verringert sich also nicht – egal, ob du Veranstaltungen besucht hast oder nicht.

Außerdem laufen in dieser Zeit bereits bereits alle formellen Fristen. Diese Semester verkürzen den Zeitraum, in dem du BAföG bekommst. Außerdem werden sie als Fachsemester hinzugerechnet, wenn es z.B. um Gebühren für Langzeitstudenten geht (zzt. noch in Bayern und Niedersachsen, Stand: August 2013).

Daraus folgt: Wenn du sicher bist, dass du später wechseln möchtest, ist ein Parkstudium keine gute Idee.

Ausnahme: Einige wenige Fächer kannst du du dir auf dein Wunschstudium anrechnen lassen. Welche das sind, entscheidet jede Hochschule selbst. Erkundige dich also am besten vorher, wo und was du in der Wartezeit studieren kannst.

Duales Studium

Das gilt auch für Studiengänge an einer Berufsakademie. Anstatt eine Uni oder FH zu besuchen, bewerben sich viele Studieninteressierte um ein duales Studium. Klappt es, absolvieren sie eine betriebliche Ausbildung, doch anstatt zur Berufsschule zu gehen besuchen sie eine Berufsakademie.

Im Zuge des Bologna-Prozesses werden auch dort mittlerweile Bachelor-Titel verliehen. Doch sind sie denen staatlicher und privater Hochschulen in der Regel nicht gleichgestellt. Wenn du also nach dem dualen Studium doch noch einen Aufbaustudiengang belegen möchtest, hängt es vom Anbieters des jeweiligen Masterprogramms ab, ob er deine bisherigen Qualifikationen anerkennt oder nicht.

Auslandszeiten als Alternative

Im Gegensatz zum „Parkstudium“ im Inland kannst du auch Fächer, die bundesweit zulassungsbeschränkt sind, sehr wohl an einer Hochschule im Ausland studieren, ohne dass deine Wartesemester beeinflusst wird. So wechseln viele angehende Mediziner und Pharmazeuten für einige Semester an Hochschulen in die Niederlanden, aber auch nach Osteuropa (z.B. Ungarn). Allerdings gelten auch hier Ausnahmen. Erkundige dich daher am besten im Vorfeld bei deinen Wunschunis, ob und welche Studienleistungen aus dem Ausland sie anerkennen.

Freiwilligenarbeit

Anstatt im Ausland zu studieren, kannst du auch die Wartezeit auch mit einem Freiwilligenjahr verbringen. Im Rahmen eines Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) bzw. Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) packst du dort an, wo tatkräftige Hilfe dringend benötigt wird: In Projekten, die sich um den Tier- und Umweltschutz, die medizinische Versorgung oder die Bildung von Menschen kümmern. Träger dieser Projekte sind.

Während deiner Zeit als Freiwilliger (auch: „Volunteer“) unterstützt du gemeinnützige Organisationen, aber auch karitative und kirchliche Einrichtungen beispielsweise darin, den venezolanischen Regenwald aufzuforsten oder nigerianischen Kindern Englisch beizubringen.

FSJ und FÖJ sind aber nicht nur im Ausland möglich. Auch in Deutschland kannst du beispielsweise mit zum Beispiel alte Menschen betreuen oder Seehunde an der Nordsee aufpeppeln.

Dadurch tust du nicht nur ein gutes Werk an Anderen. Volunteering eignet sich auch prima bei der Berufsvorbereitung. Wenn du gerade die Schule hinter dich gebracht hast, bekommst du während der Freiwilligenarbeit einen guten Eindruck davon, ob deine Vorstellung deines späteren Jobs mit der Realität zusammenpasst. Egal, ob ob du später als Ärztin oder Lehrer arbeiten möchtest oder praktische Erfahrungen für einen Ingenieursstudiengang benötigst. Ganz nebenbei erwirbst eine Reihe wichtiger sozialer Kompetenzen (auch: „Soft Skills“), die dir bei deiner ersten „richtigen“ Bewerbung garantiert zu Gute kommen.

Du möchtest mehr über Freiwilligenarbeit und Volunteering wissen? Unter www.freiwilligenarbeit.de erfährst du weitere Details zum Thema.

Übrigens: Sollte während deiner Freiwilligenarbeit die Zulassung zum Studium zuhause eintrudeln,  kannst du deine Arbeit in aller Ruhe zu Ende bringen. Der Anspruch auf den begehrten Studienplatz bleibt dir erhalten – egal, ob auf deinem Fach ein bundesweite oder örtlicher NC liegt.

Work & Travel

Doch so sinnvoll Freiwilligenarbeit im In- und Ausland ist, so kostenlos ist sie auch. Schließlich steht hier vor allem das Engagement für die gute Sache im Vordergrund.

Anders ist es bei Work & Travel. Dabei bereist du ein Land Deiner Wahl (z.B. USA, Australien, Neuseeland), lernst Land und Leute kennen und besserst deine Reisekasse durch Gelegenheitsjobs auf. Das arbeitest z.B. als Erntehelfer, in der Gastronomie oder als Aushilfe bei der Schafschur.

Das ist nicht nur gut, um deinen Abenteuerhunger zu stillen. Nach der Schule und dem anschließenden langwierigen Bewerbungsprozess hilft dir Work & Travel, den Kopf frei zu bekommen. Ein Auslandsaufenthalt mit Aushilfstätigkeiten ist in so gut wie jedem Land der Erde möglich. Und je nachdem, mit welchem Visum du unterwegs bist, kannst du zwei Wochen, aber auch einem Jahr im Ausland unterwegs sein.

Weitere Informationen rund um das Thema Work & Travel erhältst du zum Beispiel unter www.auslandsjob.de

Au Pair

Ebenfalls beliebt ist das Jahr als Au Pair im Ausland. Dabei unterscheidet man zwischen Demi Pair (= ein halbes Jahr) und Au Pair (= ein Jahr). Während dieser Zeit kommst du bei einer Gastfamilie im Ausland unter und unterstützt sie im Haushalt sowie bei der Kinderbetreuung.

Dafür, dass vor und während dieser Auslandszeit alles glatt geht, sorgen auf Au Pair spezialisierte Organisationen. Wegen des Schwerpunkts in Familie und Haushalt nehmen traditionell vor allem Mädchen und junge Frauen teil. Auch von Seiten mancher Veranstalter gibt es feste Vorstellungen über das Geschlecht der Teilnehmer. Doch prinzipiell steht ein Au-Pair-Jahr auch Jungen und Männern offen.

Schließlich sind bei Au Pair und Demi Pair häufig auch Kurse in der Landessprache inbegriffen. Und davon profitiert doch wirklich jeder.

Weitere Informationen rund um das Thema Demi Pair und Au Pair erhältst du zum Beispiel unter www.auslandsjob.de/aupair

Studienplatzklage

Mit den Bewerberzahlen häufen sich auch die Anzeigen von Anwaltskanzleien in Internet und Magazinen. Wenn es auf dem „normalen“ Weg nichts wird, wollen sie Studienplatz erstreiten.

Eine Studienplatzklage basiert auf der Unterstellung, dass der Hochschule bei der Berechnung ihres Studienplatzangebotes Fehler unterlaufen sind. Der Anwalt reicht vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag ein, die angegebenen Kapazitäten zu überprüfen. Darum nennt man sie auch Kapazitätsklage.

Verläuft dieser Antrag erfolgreich, muss die Uni neue Studienplätze schaffen. Doch so einfach das vielleicht klingt, so ungünstig verläuft es für den Antragsteller (nämlich dich), wenn die Hochschule Recht behält. Dann verlierst du nämlich viel Geld und stehst trotzdem ohne Studienplatz da.

Wenn du keine Rechtsschutzversicherung hast, kannst du auch Prozesskostenhilfe beantragen, um das Verfahren bezahlen zu können. Wichtig ist in jedem Fall eine gute Beratung bei einer Kanzlei, die sich auf Hochschulrecht spezialisiert hat – und zwar schon während des laufenden Bewerbungsverfahrens, um keine wichtigen Fristen verstreichen zu lassen. Idealerweise kann der Anwalt die Chancen und Laufzeiten einer Kapazitätsklage realistisch einschätzen.

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