Barrierefreies Studium für Studenten mit Handicap

Junger Mann in Rollstuhl

Darum geht's

Grundsätzlich sollte es allen Menschen – auch jenen mit Behinderungen – möglich sein, Zugang zur allgemeinen Hochschulbildung zu erhalten. Das besagt die UN-Behindertenrechtskonvention. Deshalb wird auch an deutschen Hochschulen zunehmend auf eine möglichst gute Zugänglichkeit für Studierende mit Behinderung geachtet.

Was ist eine barrierefreie Hochschule?

Unter „barrierefrei“ versteht man dabei in erster Linie das Anbringen von Rollstuhlrampen, Rollstuhlliften, ertastbaren Markierungen für Blinde usw. Darüber hinaus müssen die Sanitäranlagen so eingerichtet sein, dass auch Menschen mit Behinderung diese möglichst selbständig benutzen können. Im Idealfall gibt es in Uni-Nähe ein Studentenwohnheim mit barrierefreiem Zugang und speziell eingerichteten Zimmern.

Eine barrierefreie Hochschule ist so gestaltet, dass sich jeder im Gebäude ungehindert bewegen kann – mit und ohne körperlichen Einschränkungen. Um behinderte Studierende noch besser zu unterstützen, gibt es mittlerweile auch spezielle Beratungsangebote sowie spezielle Beauftragte an barrierefreien Hochschulen.

Welche Arten der Barrierefreiheit gibt es?

Barrierefrei bedeutet aber mehr, als nur eine Rampe vor dem Eingang zu verbauen. Neben der oben beschriebenen baulichen Barrierefreiheit, gilt es noch weitere Barrieren zu überwinden:

Kommunikationsbarrieren

Dieser Punkt betrifft die Unterrichtssprache, sowie die in den Lehrveranstaltungen verwendeten Medien und Unterlagen, aber auch die Kommunikation mit Kommilitonen. Gehörlose Studenten benötigen beispielsweise einen Gehörlosendolmetscher, um diese Barriere im Alltag überwinden zu können. Blinde hingegen, sind insbesondere auf angepasste Unterlagen oder computergestütztes Lernen angewiesen.

Soziale Barrieren

Die soziale Barriere ist eine der am schwersten zu überwindenden Hindernisse. Gemeint ist damit eine gewisse Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung. Leider kommt es nach wie vor zu Ignoranz, Vorurteilen, Feindseligkeit oder gar Angst gegenüber beeinträchtigten Studierenden.

Strukturelle Barrieren

Eine barrierefreie Hochschule bietet ihren beeinträchtigten Studenten spezielle Beratung sowie Unterstützung an. Die Beauftragten für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung geben Auskünfte und Hilfestellung in folgenden Themenbereichen:

  • Mögliche Zusatzanträge bei der Bewerbung um den Studienplatz
  • Organisation des Studiums unter Berücksichtigung krankheitsbedingter Fehlzeiten
  • Antrag auf Nachteilsausgleich im Studium sowie bei den Prüfungen
  • Antrag auf Studienassistenten und technische Hilfsmittel

Für die Zulassung zum Studium kann es also zum sogenannten Nachteilsausgleich kommen. Ist es einem beeinträchtigten Studienplatzbewerber aufgrund seiner Behinderung nicht möglich, die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen, können Spezialregelungen angewandt werden.

Geschichte der barrierefreien Hochschulen

Einzelne Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit gab es natürlich auch schon, bevor dieses Thema ins öffentliche Interesse gerückt ist. Sehr viel Aufmerksamkeit erhielt das Thema erst um 2009. Genauer gesagt am 21. April 2009. An diesem Tag bekannten sich die Hochschulen auf der Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz zu ihren Verpflichtungen betreffend barrierefreiem Studieren. Damit erklären sie ihre Absicht, die in mehreren Gesetzesgrundlagen vorgesehene Barrierefreiheit an Hochschulen in der Realität umzusetzen.

Gesetzesgrundlagen für barrierefreie Hochschulen

In Deutschland kommen bei der Umsetzung dieser Verpflichtungen insbesondere die folgenden Gesetzesgrundlagen zum Tragen:

UN-Behindertenrechtskonvention

Laut der sogenannten UN-BRK soll allen Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Behinderte sollen also nicht mehr diskriminiert oder ausgeschlossen werden. Deutschland hat als Vertragsstaat unter anderem folgende Bedingungen akzeptiert:

Artikel 24 Abs. 5 UN-BRK

„Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.“

Grundgesetz

Aus dem Gleichheitsgrundsatz, wie er im Grundgesetz vermerkt ist, ergibt sich für Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten ein Recht auf Nachteilsausgleich.

Hochschulrahmengesetz

Damit werden staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen dazu verpflichtet, ihre Studien- und Prüfungsbedingungen für behinderte und chronisch kranke Studenten anzupassen. Sie sollen nicht benachteiligt werden und „die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können“ (Hochschulrahmengesetz § 2, 4).

Landeshochschulgesetze

Das Hochschulrahmengesetz wurde teilweise in den Hochschulgesetzen der Länder übernommen. Die Rechte behinderter Studierender wurden hier weiter präzisiert. Darin enthalten ist zum Beispiel die Befreiung von den allgemeinen Studiengebühren.

Wie sieht die Entwicklung aus?

Nach Aussage der deutschen Studentenwerke brauchen beeinträchtigte Studierende länger bis zum Studienabsschluss. Außerdem wird das Studium von beeinträchtigten Studierenden öfter unterbrochen oder gewechselt, als von nicht-beeinträchtigten Studenten.

Barrierefreies Studieren im Ausland?

Ein Studium im Ausland bringt immer und für alle Studenten gewisse Herausforderungen mit sich. Da Studierende mit Behinderung jedoch noch mehr Hürden zu bewältigen haben, könnten Zweifel daran aufkommen, ob ein Auslandsstudium unter diesen erschwerten Bedingungen überhaupt möglich ist. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat mit Unterstützung von Herrn Andreas Hanka, studentisches Mitglied im Vorstand des DAAD und Referent der Studierendenschaft der Uni Freiburg für das Thema Studieren mit Behinderung, einige Fragen rund um das Thema barrierefreies Studieren im Ausland beantwortet.

Geht das?

Nach Angaben des DAAD ist ein Auslandsstudium für Studenten mit Behinderung grundsätzlich möglich. Andreas Hanka zufolge, müssten Studenten mit Behinderung allerdings mit mehr Planungsaufwand rechnen. Vor allem in den Bereichen der Finanzierung, Unterkunft und Hochschule selbst , die den unterschiedlichen Bedürfnissen angepasst werden müssen. Viele zusätzliche Barrieren seien laut Hanka aber durch die engagierte Unterstützung der Heimat- und Gast-Hochschule zu bewältigen, die Studierende mit Behinderung beantragen können. Mit dieser Unterstützung können beispielsweise ein Wohnheimplatz in direkter Absprache mit der Gasthochschule vermittelt, oder ein Antrag bei der Krankenversicherung frühzeitig vorbereitet werden. Dies könne potenzielle Schwierigkeiten vermeiden.

Zudem haben Studenten mit Behinderung die Möglichkeit, finanzielle Förderung zu beantragen. So helfen beispielsweise das ERASMUS+ und die DAAD-Programme bei den ungedeckten beeinträchtigungsbedingten Kosten im Ausland. Für Studenten, die keine finanziellen Mittel zur Verfügung haben und die auf extrem zeit- oder kostenintensive medizinische Versorgung angewiesen sind, könne ein Studium im Nicht-EU-Ausland schwierig oder im Einzelfall sogar unmöglich werden, sagt Hanka.

Grundsätzlich stehen Studenten mit Behinderung somit zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, sich für das eigene Auslandsstudium von verschiedenen Institutionen unterstützen zu lassen. Das bedeutet zwar mehr Aufwand, ist aber für nahezu jeden Studenten mit Behinderung grundsätzlich möglich.

Wo geht das?

Wo behinderte Studenten gute Hochschulen finden, ist nach Angaben von Hanka von der Art der Behinderung abhängig. So seien einige Hochschulen für Rollstuhlfahrer/-innen gut geeignet, für blinde und sehbeeinträchtigte Studenten aber nicht zu empfehlen. Wo den Bedürfnissen von Legastheniker/-innen gut nachgekommen wird, fehlen vielleicht Angebote für gehörlose Studenten vollkommen.

Allgemein erkennt Hanka jedoch bei vielen Studierenden mit Binderungen und chronischen Krankheiten eine Präferenz für den anglo-amerikanischen Raum, wie beispielsweise England, USA, Australien oder Kanada. Der Auslandsaufenthalt in diesen Ländern werde eventuell dadurch erleichtert, dass der Diskriminierungsschutz dort seit vielen Jahren gesetzlich verankert ist und die Strukturen auf die Bedürfnisse der Studierenden ausgerichtet sind. Ein Nachteil sind jedoch die oftmals hohen Studiengebühren und hohe Kosten im Gesundheitswesen, wie beispielsweise in den USA.

Tipps vom DAAD

Der DAAD rät Studieninteressenten für ihr Studium im Ausland, dass sie sich am besten schon etwa drei oder vier Semester vor ihrem Auslandssemester informieren, und mit der Organisation beginnen sollten. Um mögliche Hürden früh zu erkennen und beheben zu können, sei vor allem die Unterstützung der Akademischen Auslandsämter beziehungsweise der International Offices der Hochschulen und der Behindertenbeauftragten vor Ort hilfreich.

>> Weitere Tipps vom DAAD

Welche Fördermöglichkeiten gibt es?

Der DAAD kann auf Antrag bis zu 10.000 Euro zusätzliche Mittel zahlen. Allerdings ist jeder Fall ein Einzelfall, so dass man am Anfang nicht sagen kann, wieviel eine einzelne Person mit ihren individuellen Bedürfnissen erhalten wird. Voraussetzung für diese Zusatzmittel ist, dass bereits eine Stipendienzusage vorliegt.

>> Informationen „Mobilität mit Behinderung“

Die Erasmus+ Sonderförderung zusätzlich zur „normalen“ Erasmus+ Förderung kann bei der Heimathochschule beantragt werden von Studierenden, Graduierten und Hochschulpersonal mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50.

Erasmus+ Sonderförderung kann gewährt werden:

  • für Studierende als Pauschale, dabei wird die maximale monatliche Förderhöhe vorgegeben durch drei Ländergruppen. Weitere Informationen findest du hier.
  • für Studierende und Hochschulpersonal über einen eigenständigen Antrag, die Höchstgrenze für eine individuelle Sonderförderung (Langantrag) beträgt in diesem Fall 10.000 Euro.

>> Informationen zur Erasmus+ Förderung

Weitere Informationen findest du hier:

>> Studieren mit Behinderung

>> Auslandsstudium mit Behinderung

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